Grundcharakter, Eigenart
Schmale, einzigartig vielfältige Übergangszone am Alpenostrand
Die Thermenlinie erstreckt sich entlang einer schmalen Randzone am Ostabfall der nördlichen Kalkalpen zwischen dem Wienerwald und dem Südlichen Wiener Becken. Sie folgt der geologische Einbruchslinie des Wiener Beckens, wobei der Name „Thermenlinie“ mit den aufsteigenden Mineral- und Heilquellen in Verbindung steht. In Nord-Süd Erstreckung reicht der Teilraum von der Wiener Stadtgrenze bis Bad Vöslau/Gainfarn und umfasst wesentliche Teile der Gemeinden Perchtoldsdorf, Maria Enzersdorf, Brunn am Gebirge, Mödling, Guntramsdorf, Gumpoldskirchen, Pfaffstätten und Traiskirchen sowie Baden, Sooß, Bad Vöslau und Kottingbrunn.
Zwischen rund 200 und 400 Metern Seehöhe und nur wenigen Kilometern Breite treffen an der Thermenlinie die Großlandschaften der Alpen und die pannonische Tiefebene zusammen. Genau an dieser Kontaktzone kommen Tiere und Pflanzen beider Regionen nebeneinander auf kleinstem Raum vor. Die Thermenlinie zählt zu den wichtigsten Übergangslandschaften in ganz Mitteleuropa, an denen Klimazonen und biogeografische Arealgrenzen auf engstem Raum zusammentreffen und den extremen Arten- und Lebensraumreichtum mitbestimmen. Auch Arten der nahen Karpaten, Arten aus dem submediterranen Raum und sogar aus den tausenden Kilometer entfernten Osteuropäischen Steppen haben es bis an die Thermenlinie geschafft. Viele dieser Tier- und Pflanzenarten wie die das Landschaftsbild prägende Schwarzkiefer haben hier ihre natürliche, nördliche Verbreitungsgrenze oder konnten als Eiszeitrelikte im Gebiet überdauern. Die Grenzsituation als Ökotonzug und die Nutzungsgenese mit ehemals großen Hutweidegebieten und kleinteiliger Weinbaunutzung sind wesentliche Gründe für die herausragende tierische und pflanzliche Vielfalt der Thermenlinie, die diese Weinbau-Traditionskulturlandschaft zu einem internationalen „Hot spot“ der Artenvielfalt macht.
Kommentar: Bild fehlt noch aus Beschreibung!
Uralter Grenzraum, reichhaltiges historisch-archäologisches Erbe
Neben ihrer Reichhaltigkeit an tierischem und pflanzlichem Leben weist die Thermenlinie eine Vielzahl an Orten und Überresten uralter Siedlungs- und Ritualplätze sowie Ruinen und Relikte der weinbaulich geprägten Traditionskulturlandschaft wie etwa Weingartenhütten oder Lesesteinriegel auf. Zahlreiche archäologische Fundplätze und Ruinen sind bis heute in der Landschaft ablesbar und zeugen von der Jahrtausende alten Besiedelungsgeschichte dieses auch historisch zumindest seit der römischen Kaiserzeit immer wieder als Grenzlinie ausgeprägten Gebietes.Klimatischer Übergangsraum in thermischer Gunstlage
Durch die vor Nord- und Westwinden geschützte Lage und die offene Exposition in das tiefe gelegene, flache Wiener Becken sind die Abhänge der Ostalpen thermisch besonders begünstigt. Von Westen kommende Wolken regnen an den höheren Gipfeln des Wienerwaldes ab und ziehen an der Thermenlinie oftmals ohne weiteren Niederschlag vorüber. Die Thermenlinie bildet daher eine deutliche Grenze zwischen dem warmen und sommertrockenen pannonischen Osten und dem kühleren und feuchteren, atlantischen Klima, dass sich in Höhen über 400m Seehöhe deutlich bemerkbar macht. Das pannonische Klima ist dabei durch geringe Jahresniederschläge (600-800mm), häufige Trockenperioden im Sommer und große Temperaturunterschiede zwischen Jänner und Juli gekennzeichnet. Die Thermenlinie und ihre angrenzenden Landschaftsräume zählen dabei zu den am stärksten von Trockenheit betroffenen Landschaftsräumen in Österreich. Neben der stetigen Temperaturzunahme in den letzten Jahren verursachen länger andauernde Trockenklemmen im Frühjahr und Sommer zeitweiligen Dürrephasen und damit einhergehende Verschlechterungen des Wasserdargebotes mit merklichen Grundwasserabsenkungen.Kleinräumig wechselnde Geländeformen mit Brandungsterrassen und Durchbruchstälern
Der geologische Untergrund des Alpenostrandes besteht im Teilraum durchwegs aus Kalk und Dolomit. In den Randzonen des Südlichen Wiener Beckens, die noch zur Thermenlinie gezählt werden, wurden diese durch tertiäre Sedimente (Schotter, Konglomerate, Kalksandsteine, Tegel, etc.) überlagert. Die Genese der Nördlichen Kalkalpen kann man heute an der Thermenlinie besonders zwischen dem Anninger und Kalksburg anhand der stark gefalteten, gekippten und teilweise zu Schuppen zerbrochenen Gesteinsschichten ablesen, die heute stellenweise fast senkrecht an der Geländeoberläche als felsdurchsetzte Hänge und Kalkklippen anstehen. In etwa 300-400m Seehöhe sind an mehreren Teilabschnitten der Thermenlinie im Anschluss an den Wienerwald Brandungsterrassen der ehemaligen Meeresbedeckungen (z.B. Richardhofterrasse) erkennbar. Die Brandungsterrasse sind oftmals durch Gräben und kleine Bachtäler sowie mit felsdurchsetzten Kuppen und Kalkklippen gegliedert und fallen bereichsweise mittels kleiner Felswände in die flachwelligen bis kuppierten Unterhangbereiche ab. Die Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten sowie Lebensräumem mit absoluten Spitzenflächen ist vor alllem an diese obere Hangzone gebunden. Über weichen, tonhaltigen und leicht verwitterbaren Gesteinen wie in der Hagenau in Perchtoldsdorf sind flache Mulden, Plateaus, Kuppen und weite Täler ausgebildet. Über härterem Kalk- und Dolomitgestein enstanden steile Hänge mit Felsen und engen Durchbruchstälern wie die Mödlinger Klause oder das Helenental bei Baden.
Aufgrund der Landschaftsgenese mit Nutzungsrückzug aus den steileren Oberhanglagen (ehemaliger Weinbau bis über 400m Seehöhe, Rückgang mit der Reblauskalamität) und fortschreitender Gehölzsukzession auf den Böschungen und Rainen ergibt sich besonders in diesem Bereich eine halboffene, stark strukturierte Landschaft mit hoher Lebensraumdichte. Die hangabwärts anschließende sanftwellige Unterhangzone wird intenisver weinbaulich genutzt und die kleinstrukturierten Bereiche beschränken sich auf die steileren Hänge der vereinzelt vorgelagerten Hügel und Kuppen. Die größte vorgelagerte Hügelkuppe ist der Eichkogel, der durch seine besonders exponierte Lage, seine speziellen Untergrundverhältnisse (tertiäre Sedimente mit aufgelagerter Süßwasserkalkkuppe) und seine Nutzungsgeschichte ein Ausstattungsextremum hinsichtlich Relikten der ehemalig größerflächigeren Hutweiden darstellt. Je weiter man in die untere Hangzone kommt, desto geringer wird die Reliefenergie und die Thermenlinie flacht mehr und mehr zum Wiener Wiener Becken hin aus.