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Grundcharakter, Eigenart


 

Die Thermenlinie ist ein Landschaftsraum, welcher sich entlang des Ostabhangs der nördlichen Kalkalpen zwischen dem Wienerwald und dem südlichen Wiener Becken erstreckt. Die Region zwischen Wien und Bad Fischau ist durch aufsteigende Mineralquellen allgemein bekannt. Die Grenzziehung des Teilraums im Rahmen des Projekts "Leitbild Landschaft" erfolgt im Norden entlang der Dürren Liesing im Gemeindegebiet von Wien und im Süden entlang der Gemeindegrenze von Bad Vöslau bzw. der B18 im Gemeindegebiet von Hirtenberg. Die Eigenständigkeit des abgegrenzten Teilraumes ist nicht zuletzt durch das Selbstverständnis der Weinorte an der Thermenlinie motiviert. In dieser Region treffen das alpine und pannonische Klima aufeinander, was eine hohe Biodiversität fördert.

 

Die Thermenlinie ist ein ökologisch bedeutender Übergangsraum mit vielfältigen Tier- und Pflanzenarten. Ihre historische Bedeutung zeigt sich in archäologischen Funden und Relikten der Weinkultur. Die Region profitiert von einer günstigen klimatischen Lage, die durch Trockenheit und geringe Niederschläge geprägt ist. Der geologische Untergrund besteht aus Kalk- und Dolomitgesteinen, die teilweise steile Hänge und Felsformationen formen. Der Eichkogel ist ein markanter Hügel, der ein Relikt früherer Hutweiden darstellt. Der Weinbau prägt das Landschaftsbild, mit vielen kleinteiligen Parzellen und Zwischenstrukturen, die zur hohen Biodiversität beitragen.

 

Die Thermenlinie gilt als internationaler Hotspot der Artenvielfalt und ist durch mehrere Schutzgebiete, darunter Europaschutzgebiete und Naturschutzgebiete, geschützt. Sie ist auch Teil des Biosphärenparks Wienerwald und des Naturparks Föhrenberge.

 


Schmale, einzigartig vielfältige Übergangszone am Alpenostrand

Die Thermenlinie erstreckt sich entlang einer schmalen Randzone am Ostabfall der nördlichen Kalkalpen zwischen dem Wienerwald und dem Südlichen Wiener Becken. Zwischen rund 200 und 400 Metern Seehöhe und nur wenigen Kilometern Breite treffen an der Thermenlinie die Großlandschaften der Alpen und die pannonische Tiefebene zusammen.

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Sie folgt der geologische Einbruchslinie des Wiener Beckens, wobei der Name „Thermenlinie“ mit den aufsteigenden Mineral- und Heilquellen in Verbindung steht. In Nord-Süd Erstreckung reicht von Wien bis Bad Fischau und Ternitz. Im Rahmen des Leitbilds wird der nördlich gelegene Abschnitt zwischen Wien und Bad Vöslau/Gainfarn bearbeitet. Dieser Bereich umfasst wesentliche Teile der Gemeinden Perchtoldsdorf, Maria Enzersdorf, Brunn am Gebirge, Mödling, Guntramsdorf, Gumpoldskirchen, Pfaffstätten und Traiskirchen sowie Baden, Sooß, Bad Vöslau und Kottingbrunn.

Zwischen rund 200 und 400 Metern Seehöhe und nur wenigen Kilometern Breite treffen an der Thermenlinie die Großlandschaften der Alpen und die pannonische Tiefebene zusammen. Genau an dieser Kontaktzone kommen Tiere und Pflanzen beider Regionen nebeneinander auf kleinstem Raum vor. Die Thermenlinie zählt zu den wichtigsten Übergangslandschaften in ganz Mitteleuropa, an denen Klimazonen und biogeografische Arealgrenzen auf engstem Raum zusammentreffen und den extremen Arten- und Lebensraumreichtum mitbestimmen. Auch Arten der nahen Karpaten, Arten aus dem submediterranen Raum und sogar aus den tausenden Kilometer entfernten Osteuropäischen Steppen haben es bis an die Thermenlinie geschafft. Viele dieser Tier- und Pflanzenarten wie die das Landschaftsbild prägende Schwarzkiefer haben hier ihre natürliche, nördliche Verbreitungsgrenze oder konnten als Eiszeitrelikte im Gebiet überdauern. Die Grenzsituation als Ökotonzug und die Nutzungsgenese mit ehemals großen Hutweidegebieten und kleinteiliger Weinbaunutzung sind wesentliche Gründe für die herausragende tierische und pflanzliche Vielfalt der Thermenlinie, die diese Weinbau-Traditionskulturlandschaft zu einem internationalen „Hot spot“ der Artenvielfalt macht.

Kleinräumig wechselnde Geländeformen mit Brandungsterrassen und Durchbruchstälern

Der geologische Untergrund des Alpenostrandes besteht im Teilraum durchwegs aus Kalken und Dolomiten. In den Randzonen des Südlichen Wiener Beckens wurden diese durch tertiäre und quartäre Sedimente (Schotter, Konglomerate, Kalksandsteine, Tegel, etc.) überlagert. Die Genese der Nördlichen Kalkalpen kann man heute an der Thermenlinie besonders zwischen dem Anninger und Kalksburg anhand der stark gefalteten, gekippten und teilweise zu Schuppen zerbrochenen Gesteinsschichten ablesen, die stellenweise fast senkrecht an der Geländeoberfläche als felsdurchsetzte Hänge und Kalkklippen anstehen. In etwa 300-400m Seehöhe sind an mehreren Teilabschnitten der Thermenlinie im Anschluss an den Wienerwald Brandungsterrassen der ehemaligen Meeresbedeckungen (z.B. Richardhofterrasse) erkennbar. Die Brandungsterrassen sind oftmals durch Gräben und kleine Bachtäler sowie durch felsdurchsetzte Kuppen und Kalkklippen gegliedert und fallen bereichsweise mittels kleiner Felswände in die flachwelligen bis kuppierten Unterhangbereiche ab. Die Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten sowie Lebensräumen mit absoluten Spitzenflächen der Biodiversität ist vor alllem an diese obere Hangzone gebunden. Über weichen, tonhaltigen und leicht verwitterbaren (Gosau-)Gesteinen wie in der Hagenau in Perchtoldsdorf sind flache Mulden, Plateaus, Kuppen und weite Täler ausgebildet. Über härterem Kalk- und Dolomitgestein entstanden steile Hänge mit Felsen und engen Durchbruchstälern wie die Mödlinger Klause oder das Helenental bei Baden.

Aufgrund des Nutzungsrückzugs aus den steileren Oberhanglagen (ehemaliger Weinbau bis über 400m Seehöhe, deutlicher Rückgang aufgrund Reblauskalamität ab Mitte des 19. Jahrhunderts) und fortschreitender Gehölzsukzession auf den Böschungen und Rainen ergibt sich besonders in diesem Bereich eine halboffene, stark strukturierte Landschaft mit hoher Lebensraumdichte. Die hangabwärts anschließende sanftwellige Unterhangzone wird intensiver weinbaulich genutzt und die kleinstrukturierten Bereiche beschränken sich auf die steileren Hänge der vereinzelt vorgelagerten Hügel und Kuppen. Die größte vorgelagerte Hügelkuppe ist der Eichkogel, der durch seine besonders exponierte Lage, seine speziellen Untergrundverhältnisse (tertiäre Sedimente mit aufgelagerter Süßwasserkalkkuppe) und seiner Nutzungsgeschichte ein Relikt der ehemalig größerflächigeren Hutweiden darstellt. Je weiter man in die untere Hangzone kommt, desto mehr flacht die Thermenlinie zum Wiener Wiener Becken hinaus ab.

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Klimatischer Übergangsraum in thermischer Gunstlage

Durch die vor Nord- und Westwinden geschützte Lage und die offene Exposition in das tiefe gelegene, flache Wiener Becken sind die Abhänge der Ostalpen thermisch besonders begünstigt. Von Westen kommende Wolken regnen an den höheren Gipfeln des Wienerwaldes ab und ziehen an der Thermenlinie oftmals ohne weiteren Niederschlag vorüber. Die Thermenlinie bildet daher eine deutliche Grenze zwischen dem warmen und sommertrockenen pannonischen Osten und dem kühleren und feuchteren, atlantischen Klima, dass sich in Höhen über 400 m Seehöhe deutlich bemerkbar macht. Das pannonische Klima ist dabei durch geringe Jahresniederschläge (600-800 mm), häufige Trockenperioden im Sommer und große Temperaturunterschiede zwischen Jänner und Juli gekennzeichnet. Die Thermenlinie und ihre angrenzenden Landschaftsräume zählen dabei zu den am stärksten von Trockenheit betroffenen Landschaftsräumen in Österreich. Neben der stetigen Temperaturzunahme in den letzten Jahren verursachen länger andauernde Trockenklemmen im Frühjahr und Sommer zeitweiligen Dürrephasen und damit einhergehende Verschlechterungen des Wasserdargebotes mit merklichen Grundwasserabsenkungen. 

Uralter Grenzraum, reichhaltiges historisch-archäologisches Erbe

Die Thermenlinie weist eine Vielzahl an Orten und Überresten uralter Siedlungs- und Ritualplätze sowie Ruinen und Relikte der weinbaulich geprägten Traditionskulturlandschaft auf. 

Wie etwa Weingartenhütten oder Lesesteinriegel auf. Zahlreiche archäologische Fundplätze und Ruinen sind bis heute in der Landschaft ablesbar und zeugen von der Jahrtausende alten Besiedelungsgeschichte dieses auch historisch zumindest seit der römischen Kaiserzeit immer wieder als Grenzraum ausgeprägten Gebietes.

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Husarentempel in Google Maps anzeigen.

Kleinteilige Landschaftsformen, kleinteilige Weinbaunutzung

Die bestimmende landwirtschaftliche Nutzung entlang der Thermenlinie ist nach wie vor der Weinbau. Das Gebiet ist eines der traditionsreichsten Weinbaugebiete Österreichs mit noch immer kleinteiligen, stark von Zwischenstrukturen durchsetzten Rieden.

Dies prägen das Landschaftsbild vor allem im zentralen Teil der Thermenlinie zwischen dem Eichkogel und Bad Vöslau stark mit. Kennzeichnend in der Weingarten-Kulturlandschaft der Thermenlinie ist neben größeren Nutzungseinheiten wie oberhalb von Perchtoldsdorf, eine über weite Bereiche nach wie vor überwiegend kleinteilige Parzellenstruktur. Daraus resultiert ein diverses Bewirtschaftungsmosaik, das im Gegensatz zu großen monotonen Betriebsflächen eine hohe Zwischenstrukturausstattung im Teilraum bewirkt und als dichtes Strukturnetwerk ökologisch hoch wirksam ist.

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Mehrfachüberlagerung mit verschiedensten Schutzgebieten

Kaum eine Region in Österreich besitzt eine so hohe und abwechslungsreiche Ausstattung an Lebensräumen und Arten mit Vorkommen von national und EU-weit gefährdeten oder vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten, von denen manche sogar weltweit nur in diesem Gebiet vorkommen (Besonderheit: Dealpine Arten, Eiszeitrelikte). Damit ist die Thermenlinie ein ökologischer Hot Spot internationalen Ranges. Die Wichtigkeit dieses Teilraumes spiegelt sich auch in der Mehrfachüberlagerung von Schutzgebieten wider. So ist die Thermenlinie Teil der Europaschutzgebiete „Wienerwald-Thermenregion“ und „Nordöstliche Randalpen" nach der FFH- und Vogelschutzrichtlinie und beinhaltet zahlreiche Naturschutzgebiete und flächige Naturdenkmäler zwischen dem Wiener Stadtrand und Ternitz. Zusätzlich liegt der Nordteil der Thermenlinie im Biosphärenpark Wienerwald sowie im Landschaftsschutzgebiet Wienerwald und hat Anteil am Naturpark Föhrenberge.

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